Wien – Donaudelta 2005 Woche 4

4. Woche (von Orsava nach Oltenita, ca. 555 km)

Nach ausgiebiger Diskussion beschliessen wir, einige Tage auf dem rechten Donauufer zu fahren. Die befürchteten Hügel erweisen sich vorerst als harmlos.

Orsova (ROM) – Negotin (SCG)  (17. Etappe, Sa 16.7.2005, 6:10 h, ca. 87 km)

Nochmals nach Serbien
Es ist schon recht heiss, als wir den riesigen, 1 km breiten Damm „Eisernes Tor“überqueren, um nochmals einen Tag in Serbien zu verbringen. Wir sind schnell einmal in Kladovo, wo wir kleine Einkäufe tätigen. Danach kürzen wir die „Donaunase“ ab und überqueren den einzigen nennenswerten Hügel des Tages.
Die Hitze zwingt uns zu häufigeren Trinkpausen als gewohnt. Nach Brza Palanka führt die Strasse nicht mehr durch die Dörfer, sondern etwas oberhalb der Donau entlang. Unser Getränkevorrat neigt sich dem Ende, als wir kurz vor Negotin im Hotel Dimic etwas kaufen wollen. Die Tochter des Wirtes erklärt uns in perfektem Deutsch, dass hier ein Hochzeitsfest im Gange sei und lädt uns gleich ein. Auch der Vater der Braut, der in Deutschland lebt, freut sich über unsere Visite und so werden wir mit Getränken und Eis versorgt.

Staudamm „Eisernes Tor“ Badestrand in Brza Palanka
Die letzten Kilometer nach Negotin sind dann nur noch eine Kleinigkeit und auch der in die falsche Richtung zeigende Hotelwegweiser kann uns nicht mehr erschüttern. Das Hotel, in einem der höchsten Gebäude, in der Nähe der Fussgängerzone ist allerdings ungewöhnlich. Schmuddlige Zimmer sind wir langsam gewohnt und auch die Nasszelle kann uns nicht mehr erschüttern. Hingegen irritiert uns, dass die oberen Stockwerke als (Sozial ?)-Wohnungen genutzt sind, was zu einem lebhaften Betrieb  im Treppenhaus bis spät in die Nacht führt.
Negotin (SCG) – Vidin (BUL) (18. Etappe, So 17.7.2005, 3:20 h, ca. 45 km)

Kurzetappe nach Bulgarien
Nach unserem Frühstück (Picknick) im Zimmer geht die Fahrt bei leichtem Regen Richtung bulgarische Grenze.
Ausser ein paar wenigen Lastwagen hat es kein Verkehr. Die Abfertigung am Zoll geht schnell und kaum sind wir in Bulgarien kommt auch schon die Sonne!
Nach Gamzovo steigt die Strasse auf über 200 m ü.M., was danach mit einer tollen Abfahrt Richtung Vidin belohnt wird.
Im Zentrum von Vidin fahren wir bis zur Donau und steigen im erstbesten Hotel ab, welches als einziges mittels Wegweiser (Hotel Dunav) auf sich hinweist.

Einfaches Dorfhaus Donaukreuzfahrt flussaufwärts

Bei unserem Nachmittags-Spaziergang stossen wir auf weitere, schönere Hotels, eines davon ganz neu. An der Uferpromenade kommen wir mit Gästen eines Kreuzfahrtschiffes ins Gespräch, welches in 12 Tagen vom Donaudelta nach Passau fährt. Den lauen Abend beschliessen wir mit einem Essen in einem der Gartenrestaurants bei der Donau.

Vidin – Lom (19. Etappe, Mo 18.7.2005, 3:55 h, ca. 56 km)

Start der Schönwetterperiode
Bei wolkenlosem Himmel starten wir heute Montag in Vidin.
Wir haben uns vorgenommen, nicht mehr darauf hereinzufallen, wenn jemand verneinend den Kopf bewegt und damit eine Frage bejahen will, bzw. nickt, wenn er/sie etwas verneint. Total ungewohnt! Heute nimmt die Zahl der kleinen Steigungen etwas zu. Trotz der aufkommenden Hitze erreichen wir Lom am frühen Nachmittag. Direkt beim Hafen finden wir für einmal wieder ein angenehmes Hotel (Transimpex, ca. 35 Euro, ohne Frühstück).

Schwungvoll Zwischenhalt

Lom – Kozloduj  (20. Etappe, Di 19.7.2005, 3:35 h, ca. 47 km)

 

Immer wieder Störche
Die Strasse beginnt mit einer heftigen Steigung am Stadtrand von Lom (ca. 120 Höhenmeter) um uns danach auf eine Art Hochebene zu führen.
Das ganze Gebiet wird mit einer  landwirtschaftlich genutzt. Auffallend für uns ist die Mischung von Motorisierung und Eselskarren.
Wie fast auf der ganzen Strecke thronen auch heute immer wieder Storchenpaare mit ihren Jungen in ihren hochgelegenen Nestern in den Bauerndörfern. Ein kleiner Nebenfluss der Donau zwingt uns kurz 100 m hinunter und nach der Brücke gleich wieder hinauf. Wir werden mit einer tollen Aussicht über die Donau hinüber nach Rumänien entschädigt.

Auf dem Weg zum Markt Storchenfamilie

In Kozloduj haben wir genügend Zeit zuerst die Stadt per Rad zu erkunden, bevor wir uns zum einzigen Hotel (Istar, 35 Euro inkl. Frühstück) begeben, welches frisch renoviert problemlos an westlichen Standard heranreicht. Wir erhalten dort ein Abendessen, so gut wie selten auf der ganzen Reise.

Kozloduj (BUL) – Corabia (ROM) (21. Etappe, Mi 20.7.2005, 5:35 h, ca. 92 km)

Zurück nach Rumänien
Wir verlassen Kozloduj nach einem ausgiebigen Frühstück Richtung Orjahovo. Ein kräftiger Nordwestwind unterstützt uns die ersten Kilometer. Nach der Ueberquerung eines kleinen Nebenflusses der Donau biegen wir in Mizjia links in die Strasse ’15‘ ein, um den Hügel zu umfahren. Die Strasse ist total neu (mit EU-Geldern) und ist ein Genuss zu fahren (da noch keine Autos). Die Bauarbeiter erfreuen sich an uns, als ob wir die ersten Benutzer wären.

Postoffice Trauerzug

Die Fähre in Orjahovo fährt etwa alle 1-2 Stunden, genauer kann es uns die Schalterbeamtin auch nicht sagen. Nach der Zollkontrolle warten wir dann im Schatten grosser Brummis und Doris lässt sich von einem österreichischen Lastwagenfahrer eine Flasche bulgarischen Wein schenken.
Auf der rumänischen Seite kommen wir in Bechet an der Hauptkreuzung an einem Gebäude vorbei, welches mit Hotel angeschrieben ist. Laut Aussagen eines anderen Radlers soll es allerdings in Bechet kein Hotel geben. Der schon erwähnte Wind hilft uns heute mächtig und wir kommen gut voran.

Der nächste grössere Ort Corabia erreichen wir gegen Abend. Nach längerer Suche (eine Fehlinformation leitet uns zuerst zum Hafen) finden wir an der Hauptstrasse im Dorf bei einem ausgedienten Restaurant so etwas wie ein Hotel. Es ist total heruntergekommen. Das hätte uns eigentlich nicht so sehr gestört, wenn es bei dem angekündigten stolzen Preis von 20 Euro für das Doppelzimmer geblieben wäre. Eine halbe Stunde später kommt die Besitzerin oder Wirtin oder was auch immer und verlangt glatte 40 Euro für dieses Loch, was wir zähneknirschend bezahlen, da wir nach einem langen Reisetag schon ziemlich geschafft sind. Unser Fazit: Corabia als Uebernachtungsort ist absolut nicht empfehlenswert!

Da Unterkunftsmöglichkeiten in dieser Gegend äusserst dünn gesät sind, wäre es vielleicht besser gewesen noch etwas länger auf der bulgarischen Seite der Donau zu verbleiben.

Corabia – Zimnicea  (22. Etappe, Do 21.7.2005, 5:35 h, ca. 85 km)

Dorf- und Landleben
Nach einem eingekauften Frühstück verlassen wir unsere schmutzige Bleibe und geniessen die Morgenstimmung entlang der Donau. Immer wieder sehen wir kleinere Gänseherden, die sich bei Tümpeln erfrischen. In den Dörfern gehören Hühner und Truten zum Strassenbild.Für die einheimische Landbevölkerung scheinen wir in unserer Radmontur und mit den gepackten Rädern nicht besonders viel Vertrauen zu erwecken. Bei einigen unserer Zwischenhalte in den Dörfern wurden demonstrativ offene Gartentore geschlossen. Von der an anderer Stelle gepriesenen rumänischen Freundlichkeit haben wir auf dem Land nichts gespürt.

Dorfleben Landleben

Ueber Mittag ist es sehr heiss und wir sind froh Zimnicea (die südlichste Stadt Rumäniens) kurz nach Mittag zu erreichen. Endlich wieder einmal ein Ort mit Zentrum und einigen Läden. Wir steigen im einzigen Hotel (Hotel Zimnicea) ab und erhalten ein sauberes Zimmer. Auf eine Dusche haben wir uns allerdings zu früh gefreut. Die Wasserversorgung der Stadt hat seit einigen Tagen eine Panne, die auch bis am nächsten Morgen nicht behoben war. So gab es denn mit dem bereitgestellten Wasser nur eine Katzenwäsche. Dem Hotel ist ein Restaurant angeschlossen, wo wir sowohl Abendessen wie Frühstück erhalten.

Zimnicea – Giurgiu (23. Etappe, Fr 22.7.2005, 4:15 h, ca. 68 km)

Landwirtschaft
Wir sind wieder früh unterwegs, um der sich abzeichnenden Hitze etwas auszuweichen. Ueberall ist Betrieb. Die Melonenernte ist in vollem Gang. Vom Mähdrescher bis zum Eselskarren sind alle an der Ernte irgendwie beteiligt.

Alle finden auf der Strasse Platz Seitenwechsel

Am zunehmenden Verkehr merken wir, dass wir uns einer Stadt nähern. Giurgiu hat etwa 70000 Einwohner. Die Stadt erscheint uns viel grösser, sind wir doch den starken Verkehr, Lärm und Gestank der Abgase nicht mehr gewohnt. Giurgiu hat mehrere Hotels. Schliesslich landen wir in einem Motel mit Restaurant und Swimming Pool. Das einfache Zimmer ist sauber, nur die Stechmücken halten uns etwas auf Trab.

Am Abend stellen wir fest, dass wir in einem „In“-Lokal gelandet sind. Die Schickeria von Giurgiu speist um den Swimming-Pool herum, bevor sie sich zum nächsten Lokal verschiebt.

Gurgiu – Oltenita  (24. Etappe, Sa 23.7.2005, 5:10 h, ca. 75 km)

Roma Attacke
Wir schlafen schlecht. Licht und Musik vom Restaurant dauern fast die ganze Nacht an. Direkt unter unserem Schlafraum sind Tische für etwas 300 Personen gedeckt. Wir erfahren, dass da heute Abend eine Hochzeit gefeiert wird. Das müssen wir nicht erleben. Wir checken aus und beschliessen, nicht mehr in die Stadt zurück zu fahren. Wir kommen noch an zwei Unterkunftsmöglichkeiten vorbei, die uns aber nicht gefallen.

So machen wir uns auf den Weg nach Oltenita und verschieben unseren Ruhetag auf morgen. Nach dem Verlassen der Hauptstrasse nach Bukarest geht es vorerst recht hügelig weiter, was zusammen mit der Hitze (33 – 35 Grad) einiges von uns verlangt.
Wieder reiht sich Dorf an Dorf. Auf der Karte sieht dies recht harmlos aus. In der Realität sind diese Dörfer meistens Strassendörfer, die sich über Kilometer hinziehen. Häufig ist beim Dorfausgang schon fast der Anfang des nächsten Dorfes zu sehen.

Der Tag bleibt uns allerdings aus einem anderen Anlass in Erinnerung. Wir haben gerade wieder eines der vielen Dörfer durchquert und nähern uns dem Dorfausgang, als sich ein junger Roma auf die Strasse stellt. Naturgemäss verlangsame ich das Tempo und mache einen kleinen Bogen um den Kerl. Ich staune nicht schlecht, als er versucht, einen meiner hinten befestigten Seesäcke vom Rad zu reissen und mich beinahe zum stürzen bringt. Der Sack hält und er rennt unverrichteter Dinge davon. Ich halte an und schreie ihm etwas von „Polizei“ hinterher. Als Antwort kommen noch einige Dreckklumpen geflogen.

Blick aus dem Zimmer in Oltenita Die Pension im 1. Stock im Zentrum der
Fussgängerzone von Oltenita

Wir fahren etwas geschockt weiter und trauen niemandem mehr, der auf der Strasse herumsteht. Wir sind froh, im Zentrum von Oltenita eine Pension zu finden, wo wir für zwei Nächte bleiben.